Es wartet ein giftiger Schatz im Silbersee von Sachsen-Anhalt. Am Rande des kleinen Dorfes Brüchau befindet sich in einer ehemaligen Lehmgrube eine stillgelegte Deponie, die von den Anwohnern „Silbersee" genannt wird. In den künstlichen See kippte die Bergbau- und Chemieindustrie der DDR über 40 Jahre lang ihre giftigen Abwässer und Schlämme hinein, von Quecksilber über Arsen bis hin zu radioaktiven Stoffen.
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Nach der Wende hatte der See allerdings noch nicht ausgedient: Der französische Energiekonzern GDF Suez (heute ENGIE) förderte Gas in Sachsen-Anhalt und nutzte Brüchau für seine Abfälle. Weitere 190.000 Kubikmeter an Bohrabfällen landeten im Silbersee. Alles in allem ein hochgiftiger Cocktail mit vielen toxischen Zutaten, wie aus einer Anlage einer Kleinen Anfrage der Grünen in Sachsen-Anhalt hervorgeht.Seit diesem Monat ist nun das Gewissheit, was die Anwohner schon länger befürchtet haben: Die Behörden müssen gewusst haben, dass der Gift-Cocktail in dem See nicht sicher ist und langsam ins Grundwasser tröpfelt. Die Lehmschicht des Silbersees ist undicht. Durfte die GDF Suez die Bohrschlammgrube also überhaupt betreiben?Nach Ansicht des Aachener Umweltjuristen Hans-Jürgen Müggenborg war der Betrieb der Deponie spätestens ab Mitte des Jahres 2000 illegal. Denn ab diesem Zeitpunkt soll GDF Suez gewusst haben, dass rund um die Deponie radioaktives Radium ins Grundwasser gelangte, wie es laut einer Recherche des WDR interne Dokumente des französischen Energiekonzerns belegen sollen.
Die postsozialistische Verklappung
Brüchau ist eine der größten Bohrschlammgruben auf dem Gebiet der ehemaligen DDR und befindet sich in der Altmark, einem der wichtigsten Erdgasfördergebiete Deutschlands. Hier befinden sich 120 Gasbohrlöcher. Nach der Wende übernahm GDF Suez diese Förderstätten und verdient bis heute Millionen mit seinem Geschäft.
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Gefahr für die Umwelt?
„Auch schon zu DDR-Zeiten ist ja bekannt gewesen, dass Schadstoffe in Brüchau austreten. Bei der Einsicht der Dokumente bin ich auf das Ergebnis einer Probe aus dem Jahr 1967 gestoßen. In einem Brunnen nur 200 Meter entfernt von der Deponie ist eine Probe gezogen worden, in der Phenol und Quecksilber nachgewiesen wurden", erklärt Ebeling. Phenol kann zu Atemlähmung bis zum Herzstillstand führen, auch Quecksilbervergiftungen sind in hohem Maße gesundheitsgefährdend und können zu Schädigungen des Nervensystems führen.Einfach im Boden lassen, so hätte es gerne der ehemalige Betreiber GDF Suez. Das Wasser könnte laut den Sanierungsplänen des Konzerns abgepumpt, der giftige Boden mit einer Folie verschlossen werden. Nach dem nun klar ist, dass der Lehmboden undicht ist, müssen möglicherweise andere Pläne her. Dorothea Frederking ist Sprecherin der Grünen-Fraktion in Sachsen-Anhalt, sie plädiert für eine Lösung in Brüchau.„Es gibt da einen Schadstoff-Cocktail, der ins Grundwasser gelangt. Das ist messbar. Es muss eine Sanierung stattfinden, die für die Zukunft die Gefährdung für Mensch, Umwelt und Tier ausschließt." Wie viel diese Sanierung kosten könnte, ist derzeit noch unklar. Aus der Anfrage der Grünen geht jedoch hervor, das 90 % der Kosten von der Altlastenfreistellung des Landes Sachsen-Anhalt getragen werden. Den Rest zahlt der ehemalige Betreiber der Deponie, die GDF Suez E & P Deutschland GmbH.Für die Aufsicht der Bohrschlammgrube in Brüchau ist das Landesbergamt Sachsen-Anhalt zuständig. Dort bestreitet man nicht, dass aus der Deponie Schadstoffe ins Grundwasser gelangen, der Weiterbetrieb sei mit Besonderheiten des Bergrechts zu rechtfertigen. Ähnlich argumentiert die Betreiberfirma. In einer schriftlichen Stellungnahme erklärte die heutige "ENGIE E&P Deutschland" gegenüber dem WDR, dass es aus Sicht des Unternehmens (…) zu jeder Zeit einen zugelassenen Betriebsplan für die Deponie Brüchau gegeben habe.