Dieser Fotograf erforscht die verbotenen Pools in den Katakomben von Paris
In den unterirdischen Katakomben-Pools. Bild: Alexander J. E. Bradley

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Dieser Fotograf erforscht die verbotenen Pools in den Katakomben von Paris

Wenn die Hitze der Stadt alles lähmt, zieht sich Alexander Bradley in die unterirdischen Gänge zurück.

Wenn die Luft von Paris im Sommer wieder vor Hitze flimmert und selbst ein kühler Pastis auf Eis keine Abhilfe schafft, weiß Alexander J. E. Bradley einen Ausweg: Der australische Expat flüchtet sich einfach zu den versteckten Badestellen in den unterirdischen Katakomben der französischen Hauptstadt. Auf flickr hat der Fotograf mit dem perfekt gezwirbelten Moustache seine ausgiebigen Ausflüge in die Pariser Unterwelt dokumentiert.

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Alexander J. E. Bradley beim Einstieg in die Katakomben. Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung

Als Katakomben von Paris werden die ehemaligen unterirdischen Steinbrüche bezeichnet, deren erste Gänge bereits vor 2.000 Jahren zum Abbau von Kalkstein für Gebäude und Skulpturen gegraben wurden. In dem Stollennetz, das heute insgesamt 300 Kilometer Länge aufweist, wurden vor allem ab dem 12. Jahrhundert in intensiver Weise Baumaterialien für die entstehende Millionenstadt abgetragen.

Erst im 18. Jahrhundert wurden die Stollen geschlossen, da die Unterhöhlung der Stadt bereits einige Straßenzüge hatte einstürzen lassen. Da in dieser Zeit allerdings durch Seuchen, Hungersnöte und die stetig wachsende Bevölkerung die Friedhöfe überfüllt waren, wurden die Katakomben nun vermehrt als unterirdisches Beinhaus für die Überreste der Verstorbenen genutzt. In diesen Gebeinhallen befinden sich auch die überfluteten Gänge, in denen diese Fotos entstanden.

„Für mich als begeisterten Urban Explorer waren die Katakomben mit ihren Geheimnissen und ihrer historisch eindrucksvollen Geschichte der Heilige Gral der Urbex", erklärte Bradley Motherboard in einer Mail. „Wenn du einmal beginnst, diese fantastischen Orte zu erforschen, dann offenbaren sich dir die kuriosesten Dinge vom Altertum bis zu Bunkern aus dem Zweiten Weltkrieg und der neueren Geschichte. Manchmal watest du auch durch Grundwasser und einige der Stollen sind vollständig geflutet. Normalerweise versuchen wir, diese Orte zu umgehen, doch in der Pariser Sommerhitze stellten sie sich als wunderbar erfrischende Plätze heraus."

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Die Urban Explorer, die die unterirdischen Gänge der französischen Hauptstadt erforschen nennen sich Cataphile.

Einer von ihnen ist Plongeur, der Taucher, dessen Name eine stolze Referenz daran ist, dass er seit über 30 Jahren mit voller Ausstattung im Untergrund von Paris tauchen geht und sich ein einmaliges Wissen über die unterirdische Welt verschafft hat. Mit ihm stieg Bradley in den Untergrund ab.

Plongeur, der Taucher.

Für die Öffentlichkeit ist nur das offizielle Katakomben-Museum zugänglich, welches lediglich einen kleinen Teil von drei Kilometern der Unterwelt offenbart. Das Betreten der restlichen Stollen ist streng verboten. Doch Bradley, der sich seiner eigenen Aussage nach bei seinen Erkundungen am liebsten 30 Meter über oder 30 Meter unter der Stadt aufhält, lässt sich davon nicht aufhalten.

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„Es ist ein komplexes Labyrinth, in dem du dich auch mit einer guten Karte ganz leicht verlaufen kannst. Außerdem muss alles, was du mitnimmst, wasserdicht sein. Du brauchst zusätzliche Batterien und Taschenlampen, falls deine den Geist aufgibt", erzählt Bradley. „Falls du einmal auf andere Menschen triffst, sind die auch nicht unbedingt freundlich zu sogenannten 'Touristen', also Leuten, die zum ersten Mal in den Katakomben sind. Sie sind bekannt dafür, Karten zu verbrennen und noch anderen Schaden anzurichten."

Diese alteingesessenen Untergrundprofis sind jedoch nicht die Einzigen, denen du dort unten über den Weg laufen könntest. Auch die Polizei unternimmt regelmäßige Streifzüge und eine Begegnung mit den Ordnungshütern bringt eine ordentliche Geldstrafe mit sich.

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Alexander J. E. Bradley, stilsicher in die Unterwelt.

Auf seinen Streifzügen mit Plongeur, der anonym bleiben möchte, hat Bradley einen kleinen Film gedreht. Er heißt „City in the Sea" und während der Dreharbeiten drangen die Männer in Gebiete vor, die sogar den gewieften Cataphilen bisher nicht bekannt waren. „Ich fühlte mich wie ein richtiger Indiana Jones, der Tunnel erforscht, die seit Jahrzehnten kein Mensch betreten hat."

„Das erschreckendste Erlebnis war, als wir im Untergrund einmal eine andere Gruppe von Leuten getroffen haben, die offensichtlich ziemlich betrunken waren. Einer von ihnen rutschte auf einer Leiter aus und fiel zwei Meter in die Tiefe. Er war ziemlich verletzt und konnte ohne Hilfe nicht mehr heraus kommen", erinnert sich Bradley. „Sowas führt dir dann wieder deutlich vor Augen, wie gefährlich es dort unten sein kann."

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Vor den Menschen in den verbotenen Gängen muss man sich also in Acht nehmen. Aber es erzählt ja auch fast jede Gruselgeschichte, dass Katakomben nicht nur freundlichen Personen Unterschlupf bieten. Legenden über lichtscheues Gesindel, Verrückte und Drogenabhänge, die sich in den Pariser Katakomben herum treiben, kursieren natürlich auch zu genüge. Letztendlich sind diese Horrorstorys aber doch nur Legenden.

„Ich liebe die Szenerie der Katakomben ganz besonders im Kerzenlicht. Doch lass dich von den Fotos nicht täuschen. Sobald du die Taschenlampen ausknipst und die Kerzen löschst, bist du von einer Dunkelheit umgeben, die du nie zuvor erlebt hast. Es ist zu hundert Prozent vollständig schwarz", erzählt Bradley. „Auf manchen Fotos sieht es einfach nur schön aus, aber die Bilder lügen auch. Ohne Licht siehst du nicht einmal deine eigenen Finger vor Augen."