9.000 Menschen müssen dem weltgrößten Radioteleskop für die Alien-Suche weichen
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9.000 Menschen müssen dem weltgrößten Radioteleskop für die Alien-Suche weichen

Die Aussicht auf extraterrestrische Signale verdrängt die ursprünglichen Einwohner.

In China sollen 9.110 Menschen für die Suche nach außerirdischen Zivilisationen umgesiedelt werden. Das berichtete gestern die chinesische Newsagentur Xinhua. Die entvölkerte Landschaft dient in erster Linie dem Bau des größten zusammenhängenden Radioteleskops der Welt: Da jegliche Störsignale im Umkreis des Five Hundred Meter Aperture Spherical Telescope (FAST) den Empfang extraterrestrischer Informationen stören würden, sollen jetzt zahlreiche Bewohner der Regionen Pingtang und Luodian im Süden der Provinz Guizhou für ein sauberes Signal weichen.

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„FAST kann unglaublich ferne Orte aufspüren… sogar außerirdische Zivilisationen", erklärte Wu Xiangping von der Chinese Astronomy Society gegenüber der South China Morning Post. Das 160 Millionen US-Dollar teure Teleskop soll diesen September nach einer fünfjährigen Konstruktionsphase fertig gestellt werden und nicht nur Pulsare beobachten, sondern als Teil des SETI-Projekts auch die Suche nach außerirdischem Leben unterstützen.

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Für ihren unfreiwilligen Umzug bekommen die ausgewählten 9.110 eine Summe von 12.000 Yuan Entschädigung ausgezahlt, das sind ungefähr 1.650 Euro. Wer zu einer der 55 ethnischen Minderheiten Chinas gehört, bekommt noch mal 10.000 Yuan (1.375 Euro) oben drauf.

Auch in den USA gibt es Orte, die aus Rücksicht auf große Radioteleskope mehr oder weniger „still" gelegt wurden. So darf es beispielsweise in der 34.000 Quadratkilometer großen National Radio Quiet Zone (NRQZ) keine Funkstrahlung geben. Teilweise muss sogar auf Benzinmotoren verzichtet werden, deren Zündfunken Irritationen auslösen könnten. Der Grund für diese verordnete Technikdiät ist das Green-Bank-Observatorium, das größte frei bewegliche Radioteleskop der Welt. China geht allerdings auf Nummer sicher, indem es die Anwohner einfach ganz wegschickt.

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Das FAST Teleskop ist ein gigantisches Unterfangen und sticht mit einem Durchmesser von 500 Metern selbst das Arecibo Observatory in Puerto Rico aus, welches lediglich einem Durchmesser von 300 Metern aufweisen kann. Das russische RATAN 600 hat zwar einen Durchmesser von sogar 576 Metern, besteht allerdings aus einem Kreis von Reflektorplatten, welche um einen zentralen Turm lokalisiert sind und nicht aus einer einzigen Schüssel bestehen.

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Wäre die gesamte Schüssel mit Wein gefüllt, könnte sich jeder der sieben Milliarden Erdbewohner ungefähr fünf Flaschen davon abfüllen.

Einer der Wissenschaftler hinter dem FAST rühmte die Größe des eigenen Machwerks in einer kaum zu übertreffenden Metapher: Wäre die gesamte Schüssel mit Wein gefüllt, könnte sich jeder der sieben Milliarden Erdbewohner ungefähr fünf Flaschen davon abfüllen. Ob das die Umgesiedelten beeindrucken wird?

Bei Fertigstellung soll das Teleskop seine Hauptantenne bis zu 40 Grad neigen können und mit einer Genauigkeit von um die vier Bogensekunden ins Weltall spähen. Die Bogensekunde wird in der Astronomie für die Angabe von Winkeln verwendet und ist besonders gebräuchlich als Einheit für die scheinbaren Größen von Himmelsobjekten. Das FAST wird somit eines der präzisesten Radioteleskope der Welt sein.

Mit dieser Präzision und Leistung soll das chinesische Radioteleskop kaum hörbare Funkübertragungen aus 1.000 Lichtjahren Entfernung feststellen können und so ganz neue Einsichten in unser entferntes galaktisches Umfeld bringen. „Das Universum ist voll mit radioaktivem Rauschen. Entfernte Signale singen wie Zikaden in einem Gewitter, die ohne ein besonders empfindliches Gehör nicht identifiziert werden können", so Nan Rendong, der leitende Wissenschaftler des Projektes. Die abgeschiedene Region in der chinesischen Karstlandschaft sei ein idealer Ort, um mögliche extraterrestrische Botschaften einzufangen, argumentieren auch chinesische Behördenträger.

Im Vergleich zu vorherigen Umsiedlungsmaßnahmen Chinas ist die Anzahl der Betroffenen in diesem Fall sogar eher gering. Für die Konstruktion des Three Gorges Dam, ebenfalls des größten Bauwerkes seiner Art, mussten insgesamt eine Million Menschen weichen. Für den Bau des Bird's Nest Stadiums in Peking für die Olympischen Sommerspiele 2008 wurden gar 1,5 Millionen der Einwohner der Stadt umgesiedelt.