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„Du bist kein Produkt“ — Ello will das neue Anti-Facebook werden

Der Gründer von Ello will mit minimalistischem Design ein besseres soziales Netzwerk aufbauen.
Bild: Ello

Vor wenigen Wochen geisterte die Prophezeiung eines baldigen Endes der Facebook-Epidemie durchs Netz—angeblich werden dem allseits beliebten sozialen Netzwerk, das erst kürzlich seinen zehnten Geburtstag feierte, in den nächsten drei Jahren 80 Prozent der Nutzer die Freundschaft kündigen. Eine steile These, die vor allem die Frage aufwirft, welches soziale Netzwerk die nächste Heimat für die über eine Milliarde prokrastrienierden Nutzer bietet. Als neuerster Anwärter kommt nun Ello ins Spiel—ein privates Invite-Only-Netzwerk, das mit einer einladenden „ihr könnt uns mal"-Einstellung gegenüber festgefahrenen Social-Media-Strategien auftritt.

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Im vergangenen Jahr begann Ello als eine geschlossene Plattform, die nur für einen kleinen Kreis von Freunden der Entwickler zugänglich war. „Wir hatten die Nase voll von sozialen Netzwerken—erschöpft und genervt von Anzeigen, dem Durcheinander und den Unternehmen, denen unsere persönlichen Interessen wurscht sind. Wir hatten keinen Bock mehr manipuliert und beschwindelt zu werden", erzählte mir Paul Budnitz. Deswegen entwickelten Budnitz und einige seiner Freunde aus der us-amerikanischen Kunst- und Tech-Szene ihre eigene Alternative.

Das Netzwerk begann zu wachsen als die ersten begeisterten Nutzer weitere neue Freunde einladen wollten, doch die Ello-Crew hatte die Seite nicht für eine so große Nutzerzahl programmiert. Kürzlich starteten sie also einen Relaunch ihrer Plattform als widerstandsfähigeres Netzwerk und die renovierte Seite soll nun in sechs Wochen fertig sein:

„Wir hatten bei der Entwicklung der Seite zunächst vor allem kreative Personen im Kopf, denen Diskussionen und Dialoge um Inhalte wichtig sind."

Die Gründer erlaubten mir bis jetzt noch keinen Blick auf die Seite, aber die Kernaussage von Ello ist ein ziemlich simples soziales Netzwerk mit minimalistischem Design—und vor allem ohne Anzeigen oder das Sammeln von Nutzerdaten.

„Facebook und Tumblr sind wirklich keine guten sozialen Netzwerke—sie sind Werbeplattformen. Ihre Mission ist der Verkauf von Anzeigen", sagt Budnitz. „Sie wollen dich weder glücklich machen, noch dir schöne Kunst präsentieren oder dich mit deinen Freunden verbinden. Sie wollen Anzeigen verkaufen. Alles andere ist eine Illusion."

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Ello konzentriert sich im Gegensatz dazu auf Inhalte, Freundschaften und sinnvolle Verknüpfungen. Das Logo ist ein einfacher schwarzer Smiley.

„Ello bedarf keiner weiteren besonderen technische Voraussetzungen oder sonstiger Anforderungen." fährt Budnitz fort. „Du kannst dich mit deinen Freunden connecten, Posten, Kommentieren, Nachrichten schreiben und einige andere inhaltlich bedeutende Aktivitäten vornehmen. Der Unterschied zwischen Ello und anderen Netzwerken ist, dass die Plattform geordnet, schnell und intuitiv zu bedienen ist. Dadurch sieht fast alles toll aus, was du hochlädst."

In den ersten Monaten wird Ello nur für eingeladene Freunde zugänglich sein—genauso wie übrigens auch Facebook einmal angefangen hat. Auf ello.co kannst du um deine Einladung bitten. Budnitz erklärt, dass der Service von Anfang an kostenlos angeboten werden wird. Später werden dann noch einige Extras folgen, für die du bezahlen kannst, was du möchtest—wenn du denn überhaupt etwas bezahlen willst. „Wir sind davon inspiriert wie Radiohead ihr Album „In Rainbows" als freien Download mit einer Zahl-was-es-dir-wert-ist Politik angeboten haben."

Es ist nicht das erste soziale Netzwerk, das als Alternative zu dem zunehmend kritisch beäugten Facebook entsteht. Bis heute hat jedoch noch keine Initiative irgendeine Machtverschiebung erwirken können. Nicht zu verachten ist übrigens auch, dass Facebook, Twitter und Tumblr alle ohne Anzeigenkunden angefangen haben, bis sich ihr Ansatz mit dem unternehmerischen Wachsen geändert hat.

Es wird interessant sein zu beobachten, ob Ello eine Anzeigen-freie Plattform bleiben wird oder sich auch irgendwann davon verabschieden wird. Der derzeitige digitale Zeitgeist von Privatsphäre und Finger-weg-von-meinen-Daten könnte jedenfalls die idealen Voraussetzungen für Ello bieten, um den Silicon-Valley-Platzhirschen etwas entgegenzusetzen. Soziale Netzwerke sind schließlich ähnlich wie Stagediver auf Konzerten; sie sind immer nur so mächtig wie die Anzahl der Hände, die sie oben halten.