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Die vergessene Disketten-Kunst von Andy Warhol

Computerexperten haben 28 verschollene Werke wiederhergestellt, die der Pop-Art-Künstler 1985 auf einem Amiga produziert hat.
Bild: Andy Warhol, Andy2, 1985, ©The Andy Warhol Foundation for the Visuals Arts, Inc. (Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Andy Warhol Museums)

Seit dieser Woche ist die Welt um ein paar Warhol-Werke reicher. Dem Andy Warhol Museum ist es gelungen einige längst vergessene Werke des amerikanischen Pop-Art-Künstlers von Disketten wiederherzustellen.

Warhol wird so stark mit der mythischen Epoche der 1960er Jahre in Verbindung gebracht, dass gerne vergessen wird, dass er eigentlich bis in das Jahr 1987 als Künstler tätig war. Dabei ist Warhol doch mit seinem Ansatz unendlicher Reproduzierbarkeit eigentlich ein perfekter Arbeiter für das digitale Zeitalter. Und bei genauerer Betrachtung fällt auch auf, dass Warhol eigentlich ein totaler 80er-Typ gewesen ist: Er hat Werbung für die Braniff Airline mit Sonny Liston gemacht, er tauchte bei Wrestlemania mit Hulk Hogan und Mr. T auf, und die neueste Entdeckung zeigt, dass er auch ein vorbildlicher „Early Adoptor“ des Computerzeitalters gewesen ist.

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Warhol ist damals ein Commodore Amiga System zur Verfügung gestellt worden—er sollte die überragenden graphischen Potentiale des Computers demonstrieren. Das Video seiner „Zeichnung“ von Debbie Harry von Blondie ist seit Jahren als Teil der Warhol-Kollektion bekannt. Aber seit das Museum den Rest der Warhol Disketten und zwei Amiga 1000 Computer im Jahr 1994 erstanden hat, war es aufgrund veralteter Dateiformate und alternder Hardware  nicht möglich auf die anderen Inhalte zuzugreifen.

Ohne das bohrende Interesse des Künstlers Cory Arcangel, von Gordon Levin von Carnegie Mellon Compuer Club und dem Einsatz des Andy Warhol Museums wären die Werke vielleicht nie aus ihren digitalen Tiefen gerettet worden.

Bild: Das Commodore Amiga System, welches Andy Warhol von 1985 bis 1986 benutzt hat. Alle Bildrechte: The Andy Warhol Museum (Verwendet mit freundlicher Genehmigung)

Falls du dich schon einmal damit rumgeschlagen hast eine .docx Datei zu öffnen, dann kannst du dir ja die Probleme vorstellen, die mit der Rettung von Floppy Disk Dateien verbunden sind, deren Nutzen eigentlich längst das zeitliche gesegnet hat. Ich habe Keith A. Bare vom Carnegie Mellon Computer Club angerufen—eine Art „Amiga Guru“ des Projekts und ihn nach dem Vorgehen der digitalen Ausgrabung von Arbeiten von Disketten und ihrer Übertragung auf moderne PC’s befragt.

Die Experten haben ihre eignenen „KryoFlux“ Software benutzt, die dazu dient moderne PC’s und obsolete Formate wieder zusammenzubringen. Mit Hilfe von KryoFlux gelang es dem Computer Club „image Files“ zu erstellen und sie mit dem Amiga Emulator E-UAE abzuspielen.

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„Als wir das erste Mal im Museum ankamen, waren wir nicht sehr optimistisch“, sagte Bare mir:

„Fast alle Floppy-Disketten sahen nach System Software oder anderen für uns unnützen Software Formaten aus. Aus meiner kurzen Zeit, die ich noch in der Epoche der Disketten lebte, wusste ich, dass so ungefähr jeder mehrere Dutzend Disketten mit handgeschriebenen Informationen über die abgespeicherten Dateien besaß—die Warhol-Disketten dagegen sahen ganz anders und unsystematischer aus. Aber wir stellten fest, das dies daran lag, dass seine Software es ihm nicht ermöglichte auf andere Disketten zu speichern—und so beließ er seine Werke mit der Software.“

Bild: Andy Warhol, Campbell’s, 1985, ©The Andy Warhol Foundation for the Visuals Arts, Inc.,

Genau an dieser Stelle wurden die .pic Dateien entdeckt—mit Namen, die eindeutig im Warhol-Stil gehalten waren: „campbells.pic“, „marilyn1.pic.“ Die Experten entdeckten 28 bis dato unbekannte und nie gesehen Werke, von denen das Warhol Museum sehr sicher annimmt, dass sie vom Meister selbst stammen—11 Arbeiten wurden signiert.

Bild: Andy Warhol, Venus, 1985, ©The Andy Warhol Foundation for the Visuals Arts, Inc.,

Mit der neuen Kunst bringt das Medium auch neue Disziplinen hervor: digitale Kunstgeschichte und digitale Archäologie. Und die philosophischen Fragen, die die neue Technologie begleiten, begeistern auch Michael Dille vom Computerclub. Er freut sich, dass es endlich sichtbare Früchte seiner Arbeit anzuschauen gibt.

„Ich bin davon begeistert, dass unsere Anstrengungen endlich das Tageslicht sehen”, erzählte mir Dill in einer E-Mail. „Wir schlagen neue Schneisen mit dieser Datenbergung, es gibt wirklich kaum Vergleichbares. Geistiges Eigentum, Echtheitsbestimmung, Absicherung der Integrität der Arbeiten, Archivformat, angemessene Ausstellungsmedien… das sind nur einige der vielen Fragen, die wir beantworten mussten und müssen.”

Diese Aufdeckung hat nicht nur etwas zu Warhols Kanon hinzugefügt, sondern auch auch eine Dokumentation hervorgebracht—Trapped: Andy Warhol’s Amiga-Experimente —, die am 10. May in der Carnegie Lecture Halle gezeigt wird und am 12. Mai online verfügbar sein wird.