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Astronomen entdecken einen Stern im Stern

Seit 40 Jahren vermuteten Forscher, dass bei einer Kollision eines Roter Riesens und eines Neutronensterns ein Stern im Stern entstehen kann. Nun haben Astronomen den Beweis erbracht.
Ein toter Stern passiert einen Roten Riesen. Bild: NASA/JPL-CALTECH | Copyright-free

Das Universum ist gigantisch und wir Menschen können nicht mal einen Bruchteil davon einsehen. Das ist das Spannende am Weltraum: Stets könnten wir auf etwas gänzlich Unbekanntes stoßen, dass Fiktion zu Fakten macht.

Eine aktuelle Entdeckung der mysteriösen Art ist ein seltsamer Himmelskörper namens Thorne-Żytkow-Objekt (TZO). Obwohl dessen Existenz schon in den 70er Jahren vermutet wurde, ist das erste nicht-theoretische TZO sehr wahrscheinlich Anfang des Jahres gefunden worden. Die Entdeckung basiert auf Berechnungen, die demnächst in einem MNRAS-Paper vorgestellt werden.

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Die Astronomen Kip Thorne und Anna Żytkow hatten die TZOs vorhergesagt und malten sich aus, was passieren würde, wenn ein Neutronenstern in einem Binärsystem—einem System zweier Sterne, die sich so nahe kommen, dass sie um ein gemeinsames Zentrum kreisen—mit einem Roten Riesen als Partner kollidieren würde.

Das wäre dann anders als die Verschmelzung von zwei gewöhnlichen Sternen. Neutronensterne sind die antiken Überreste von Sternen, die zu groß geworden sind und explodierten. Während ihr äußeres Material in den Weltraum geschleudert wurde, bleiben ihre Kerne klein, ungefähr 20 Kilometer im Durchmesser. Rote Riesen sind die größten Sterne der Galaxie mit Radien, die bis zu 800 mal größer als der Sonnenradius sein können, aber sie besitzen keine hohe Dichte.

Wie wäre es also, wenn ein gigantischer Stern mit dem winzigen, superdichten Kern eines anderen verschmilzt?

Dieser Zusammenschluss würde ein System erschaffen, in dem ein Neutronenstern von einer diffusen Hülle aus Material umhüllt wird und darauf fast genau wie ein regulärer Roter Rieser ausieht. Doch in seinem Innern kommt der Großteil der Energie für das ganze System noch immer vom kleinen Sternenkern.

Irgendwann, über den Zeitraum mehrerer hundert Jahre, würden der Kern der Hülle und der Neutronenstern kollidieren und einen noch größeren Neutronenstern gebären—oder ein Schwarzes Loch.

Der feine Unterschied von Roter Riesen und TZOs

Im Zusammenhang mit TZOs gibt es eine Menge erhabener physikalischer Gesetze, die Astronomen sehr gern erforschen würden. Es ist schwierig, die Sterne im Stern zu identifizieren, weil sie von außen wie ganz normale Rote Riesen aussehen. Um ein TZO von einem Roten Riesen zu unterscheiden, muss man nach einer ganz bestimmten chemischen Zusammensetzung suchen, einer Art Signatur—dazu analysieren die Forscher ihre Spektren und suchen nach einem Überschuss an Lithium und anderer Schwermetalle.

Genau das machte eine Gruppe Astronomen unter der Leitung von Emily M. Levesque, zu der auch Żytkow gehörte. Mit Hilfe älterer Himmelskörper-Bestandsaufnahmen untersuchten sie die Sterne der Milchstraße und der Magallanschen Wolken und achteten besonders auf die Stellen, in denen Temperatur und Photometrie auf die Anwesenheit eines Roten Riesen schließen ließ.

Dann brachten sie die Daten zum Apache Point-Observatorium in New Mexico und den Magellanteleskopen in Chile. Dort benutzten die Wissenschaftler diese Optiken, um nach 62 TZO-Kandidaten Ausschau zu halten. Besonders intensiv konzentrierten sie sich auf die Spektralanalysen, hier wollten sie Anomalien im Verhältnis der Elemente finden. Wenn das Ergebnis von dem Spektrum eines Roten Riesen abweicht, ist das ein sicheres Zeichen für ein TZO.

Unter allen Sternen stach einer ganz besonders hervor. Er ist als HV 2112 bekannt und befindet sich in der Kleinen Magellanschen Wolke. In der Spektralanalyse wurde tatsächlich eine ungewöhnlich hohe Konzentration an Lithium, Molybdän und Rubidium gefunden—Ein klares Indiz dafür, dass HV 2112 ein TZO ist und kein Roter Riese.

Diese Entdeckung an sich ist schon aufregend genug. Richtig interessant ist jedoch, was diese Entdeckung für Astronomen bedeutet, die daran weiterforschen wollen. Sobald weitere Beobachtungen den Status von HV 2112 als TZO bestätigen, wird er zum Archetyp eines komplett neuen Systems werden. Und das könnte Wissenschaftlern bei der Lösung unbeantworteter Fragen helfen, zum Beispiel: Was passiert, wenn riesige Binärsysteme mit verschiedenen Sterntypen darin kollidieren?

Und das ist doch ziemlich unglaublich, oder? Einen neuen Typus Himmelskörper zu finden zeigt uns, wie wenig wir eigentlich über das Universum, in dem wir leben, wissen und was wir noch alles durch die Erforschung unserer keinen Ecke im Kosmos erfahren können.